Sonntag, 18. August 2019

Ruhetag in Prizren

Bericht vom Ruhetag - einmal anders
Heute ist Sonntag. Anne hat mich gestern daran erinnert, das eigentlich Bergfest ist, d.h. dass die Hälfte der Tour schon vorbei ist, aber eben die zweite Hälfte auch noch vor mir liegt.
Mein persönliches Bergfest hatte ich ja gestern wirklich, als ich über den Pass gefahren bin. 
3 Länder habe ich inzwischen auf meiner Tour schon durchfahren, im vierten Land bin ich jetzt und habe mittlerweile 944 km auf dem Fahrrad zurückgelegt. Morgen in zwei Wochen will ich in Split ankommen und Antje in die Arme nehmen. Die Hoffnung, dass ich pünktlich, wirklich mit dem Rad und mit eigener Kraft dieses Ziel erreiche, wird von Tag zu Tag größer. Ich bin kräftemäßig noch lange nicht am Ende und es macht mir immernoch großen Spaß, auch wenn's manchmal weh tut.
So viele Eindrücke und Erlebnisse verändern einen auch während so einer Reise, mit der Sicht auf die Länder und das Leben hier. Unterwegs allein auf dem Rad habe ich ja genug Zeit, die Gedanken zu sortieren.
Genug von dem philosophischen Gefasel.
Ich sitze in Prizren in einem kleinen Café  im Schatten am Ufer des Lumbardhi-Flusses. Bis jetzt bin ich in der Stadt umhergestromert, über Hauptstraßen, Nebenstraßen, kleine Gassen und Plätze, von Moschee zu Moschee, von Kirche zu Kirche und habe das Treiben beobachten können. Da sieht man dann Dinge, die einem am Abend beim Schreiben des Blogs nicht einfallen, weil sie einfach zu unbedeutend sind.
Zum Beispiel haben heute viele Einwohner Holz in ihre Häuser getragen. Die Fuhre Holz wird einfach auf die Straßen und sofern vorhanden, auf den Fussweg gekippt. Und dann muss jeder sehen, dass er das Holz in die Wohnung kriegt. Dabei kann auch ein Flaschenzug gute Dienste leisten.
Autos waschen scheint auch so eine Lieblingsbeschäftigung der Kosovaren zu sein. "Auto Larje" gibt es hier wie Sand am Meer und in jeder Straße. Und es wird geputzt und gewienert. Selbst die schlimmsten Schrottkarren sind sauberer als mein Auto zu Hause unter dem Carport.
Die Autos - vorwiegend BMW, Mercedes, Audi - haben alle ihr erstes und zweites Leben hinter sich und werden hier Kilometerstände erreichen, von denen die Automobilfirmen wahrscheinlich auch nur träumen. Ersatzteile werden auf den Autofriedhöfen besorgt. 
Was hier aber völlig unwichtig ist, sind funktionierende Auspuffanlagen und Dieselpartikelfilter. Aus vielen  alten Diesel-Autos kommen große schwarze Wolken raus, besonders an der Kreuzung oder beim Überholen.
Wochenende - Hupkonzert - Autokorso, das bedeutet hier: Hochzeit. Die Autos werden kitschig geschmückt und die gesamte Hochzeitsgesellschaft fährt mit großem Getöse durch die Stadt.
Ich kenne die Zusammenhänge nicht, aber an vielen Stellen der Stadt sind riesige Notstromaggregate aufgebaut, wie man die von großen Baustellen oder zur Stromversorgung bei Musikfestivals kennt. Eventuell will man dem instabilen Stromnetz eine lokale alternative entgegensetzen oder die Dinger sollten nach dem Krieg die Stromversorgung generell sichern. Ich weiß es nicht, ist mir nur aufgefallen.
Eine Kleinigkeit gegessen habe ich in einer Nebenstraßen in einem kleinen Imbiss, nur Einheimische waren dort, auch mit traditioneller Kleidung. Klar haben die mich beobachtet und über mich gesprochen. Als sie dann rausgekriegt hatten, dass ich Deutscher bin, waren sie zufrieden. Ich habe mich artig für das gute Essen bedankt, der Chef des Hauses war glücklich und hat mit händeschüttelnd verabschiedet.
Am Fluss im Schatten sitzend, sah ich einen Reiseradler, das Fahrrad voll bepackt. Ich habe es vor Neugier kaum ausgehalten und musste ihn also unbedingt fragen: "Where do you come from?" Die Antwort, etwas zögerlich, geht mir auch manchmal so (Nö, nicht schon wieder dieselbe Leier, woher, wohin, warum) war einsilbig: "Germany".
Ich lachte und sagte, dass wie uns ja dann auch in deutscher Sprache unterhalten können.
Der junge Mann ist seit Ende Juni unterwegs, aus Deutschland entlang der Donau bis Belgrad gefahren und dann nach Süden abgebogen bis hier. Er wollte heute noch über den Prevalla-Pass, über den ich gestern gekommen bin. Den Zahn musste ich ihm ziehen. Sein Ziel ist Thessaloniki und von dort will er wieder zurück nach Hause, allerdings auch mit dem Fahrrad. Wir hatten uns ne Menge zu erzählen und ich habe ihm die Strecke am Orhidsee empfohlen, weil man da auch prima campen könnte. Heute wird er hier in einem Hostel bleiben, um morgen zeitig aufzubrechen. Im Oktober will er wieder in Deutschland sein.
Die Straßen sind jetzt um 17 Uhr schon belebt, aber meist doch Touristen. So richtig voll aber wird es erst mit einsetzender Dunkelheit. Da will ich das Nachtleben nochmal erkunden. Wenn noch Zeit bleibt, gibts auch Bilder. Ansonsten gilt Lettys Spruch von der Baltikumtour "Denn ein Ruhetag ist ein Ruhetag".
Und die Strecke für morgen will ich mir auch noch ansehen. Ich weiss im Moment nicht mal, wo's hingeht.
Ruhetag eben.
Entscheidung heute getroffen: Ich teile die morgige Strecke auf und fahre nur bis Peja. Es wäre Schade, durch diese Stadt nur durch zu fahren. Den zweiten Teil der Strecke nach Rosaje fahre ich dann am Dienstag.



Extra für die kleine Paschas

Und so gelangt das Brennholz nach oben.










Ein Stromgenerator, oft in den Straßen zu sehen.

Hier hat jemand viel Holz vor der Hütte.









Überall Brunnen mit Trinkwasser

Ganz oben die alte Festung
Die steinerne Brücke, ein Wahrzeichen der Stadt



Nicht rauchen, nicht fotografieren, nicht schießen, keine kurzen Röcke.
Eine sehr merkwürdige Zusammenstellung.

Das gibt es hier also auch.

Für das, was ich bisher gesehen habe, ist das Flussbett relativ sauber.

Kunscht.

Noch ein Stromerzeuger

Lieblingsbeschäftigung: Auto waschen.

Er betreibt die Waschanlage. Fast seine gesamte Familie lebt in Deutschland.



Nochmal Holz vor der Hütte ...

... und hier auch.






Einfach, aber funktioniert.



Egal, was hier in den Fluss reinläuft, es gehört hier nicht hin. Der Gestank war widerlich.
,



Prizren von oben. Ich war auf der Festung.







8 Kommentare:

  1. Hallo Dietmar

    Einen richtig guten Ruhetag hättest du warscheinlich in einem Kloster und nicht in so einer quirligen Stadt...

    Aber was solls.. genieße die zeit, sammel Kraft für die nächste "Abfahrt"

    Gruß

    Manfred

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  2. Gut ausgeruht morgen wieder ein neues Abenteuer anfangen! Wird kein leichter Abschnitt... Toi Toi Toi!

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  3. Auch wir folgen jeden Tag, freuen uns aus neue Erlebnisse, Berichte und Fotos

    M+K

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  4. Guten Start morgen für die nächste Etappe. Auch ich habe heute meinen "Ruhetag" genossen...du weißt ja wie ich den so manches Mal verbringe...oder? Morgen ein neuer Start in eine neue Arbeitswoche :( lg S

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  5. Danke fuer deine Update, und viel Erfolg heute

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  6. ...und wieder sooo tolle Bilder... Danke

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  7. Hallo Dietmar

    Ich hab mir grad mal die strecke für morgen angesehen... ich hoffe dein "akku" ist vollgeladen und dein "motor" macht alles mit....

    Ich hab mal den streckenverlauf mir angesehen- boah -
    Innerhalb von 20 km von 500 auf 1760 und dann wieder runter bis 1000.. mein lieber freund, das ist schon ne nummer!!!

    Aber du hast es so gewollt.

    Viel KRAFT für morgen, gute Fahrt. Ich denke mal das es für dich keine so große Anstrengung sein wird.

    Gute Fahrt, genieß die Momente und pass auf dich auf.

    Auf den Abend mit deinem Vortrag über diese Fahrt bin ich jetzt schon gespannt, Karten hab ich schon gekauft weil ich mir dieses Erlebnis nicht entgehen lassen will!!!

    Denk an udo lindenbergs song....

    Viel spass fahr vorsichtig

    Manfred


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  8. Ist einen richtige entscheidung gewesen die Strecke nach Rosaje auf zu teilen. Fast 130 km Fahrt UND am Ende noch ettliche Höhenmeter dazu wäre zu viel gewesen... (denke Ich).

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